Gesellschaft Kultur Magazin

Zivildienst im Asylzentrum – Ein Einblick3 min read

30. August 2018 2 min read

Autor:in:

Array

Zivildienst im Asylzentrum – Ein Einblick3 min read

Reading Time: 2 minutes

Im letzten Jahr habe ich für elf Monate im Asylzentrum Sonnenhof gearbeitet und möchte euch einen Einblick in meine Erlebnisse gewähren.
Wir haben unterschiedlichste Vorstellungen was ein Asylzentrum überhaupt ist. Das ist der Ort wo Flüchtling wie in einem Fünfsternehotel verwöhnt werden. – Ein Ort voller Arbeitsscheuer Menschen die den Sozialstaat ausnutzen wollen. – Der Ort an dem Flüchtlinge und Asylsuchende in der Schweiz untergebracht werden. – Der Ort an dem Kulturen aufeinander treffen. Das alles könnte man sich denken, wenn man den Begriff des Asylzentrums hört oder liest. Ich durfte eines dieser Zentren während elf Monaten von innen kennenlernen. Und um es vorneweg zu nehmen ich habe es lieben gelernt.
Für mich ist ein Asylzentrum nun nach meiner Erfahrung ein Ort an dem Menschen aus den unterschiedlichsten Ländern und Kulturen, den unterschiedlichsten sozialen Schichten und den unterschiedlichsten Interessen gemeinsam wohnen, nachdem sie ihr Herkunftsland aus den unterschiedlichsten Gründen verlassen mussten und in die Schweiz geflohen sind. Ein Asylzentrum ist also ein Extrembeispiel eines „melting pots“.

Genug der Begrifflichkeiten, so möchte ich auch noch etwas über meine Erlebnisse berichten. Dazu habe ich mich entschieden zwei kleine Erlebnisse die mir etwas bedeuteten herauszupicken.


No 1

Im Herbst 2017 wurde ein Neues Asylzentrum für unbegleitete Minderjährige Asylsuchende MNA gebaut. Es gab deshalb bei uns ein Fest, um uns von den Jugendlichen, sowie Mitarbeiter, die unser Zentrum verlassen würden, zu verabschieden. Wir haben gemeinsam gegessen und uns Fotos angeschaut und Brettspiele gespielt. Und zum Schluss haben wir gemeinsam getanzt. Eigentlich könnte man denken ein gewöhnliches Fest. Aber für mich war es ein sehr spezieller Moment. Ich sah etwa 45 Jugendliche aus unterschiedlichen Nationen (Syrien, Afghanistan, Eritrea, Somalia, Äthiopien, Irak, …), die alle gemeinsam tanzten. Die Musik spielte keine Rolle alle tanzten und alle amüsierten sich. Dieser Moment erinnert mich immer daran, dass wir uns besser verstehen, wenn wir nach Gemeinsamkeiten, statt nach Unterschieden suchen. Egal wie gross die persönlichen Unterschiede waren, alle tanzten gerne gemeinsam.


No 2

Eine Familie hatte ihr viertes Kind erhalten. Ich war bei der Familie im Zimmer um ihnen einige Informationen ins Englische zu übersetzen, da der Mann gut Englisch verstand. Sie waren sehr glücklich über ihren Sohn den sie erhalten haben.
Ich sagte zur Familie das nun, wenn sie sechs Personen sind möglicherweise ihr Zimmer etwas klein ist. Dann erzählte mir der Vater, dass es ihm nicht wichtig sei wie gross das Zimmer ist, denn er habe hier alles. Er meinte zudem unser Sohn ist gesegnet er wurde hier in der Schweiz geboren mein zweitjüngster Sohn wurde in Griechenland bei 40 Grad in einem Zelt geboren. Deshalb bin ich unglaublich dankbar, dass wir hier sein dürfen. Dieses Erlebnis erinnerte mich wieder daran, wie hoch unsere Ansprüche in der Schweiz sind. Eine sechsköpfige Familie ist dankbar in einem einzelnen Raum zu leben und sagt mir sie hätten alles was sie brauchen.

Ich habe mich bewusst dazu entschieden zwei positive Erlebnisse zu erzählen, da während meiner Zeit die positiven Momente um ein Vielfaches häufiger waren als die negativen.
Und doch sind es nur die negativen, die wir normalerweise zu hören bekommen. Ich kann jeder Person nur ans Herz zu legen, einmal ein Asylzentrum zu besuchen und sich selbstständig ein Bild zu machen.

Text: Simon Thoma

Array