Es wird gekuschelt und geheadbangt – MONO im KIFF5 min read
Reading Time: 4 minutesUnerwartet beginnt das Konzert im KIFF in Aarau in einem energischen fast schon aggressiven Post-Metal Gespann von zwei Gitarren, einem Bass und einem Schlagzeug, genannt: A Storm of Light. Die Band klingt den Donnerstagabend mit einem Lied und dessen Refrain „Spit on your Grave“ ein – im Hintergrund durch Videos auf einer Leinwand begleitet. Überwachungsaufnahmen von Unfällen, Drohnenvideos und statische Fernsehbilder. Die Musik war in einem Programm mit MONO als Headliner unerwartet, aber doch überzeugend. Es wird getanzt oder zumindest das Haar geschwungen. Die Band überzeugt mich persönlich vor allem durch ihre experimentell angehauchte Note, die sich zum Beispiel zeigt, als der Bassspieler mit dem Hals des Basses auf der Schulter einer Zuschauerin spielt. Oder der Drone-Mässige Ausklang einiger der Stücke. Auch zu loben ist die Auswahl der Reihenfolge der Lieder. Es gibt einen enormen Aufbau der Lautstärke und auch des Rhythmus. Schade ist nur, dass der Gesang der zwei Gitarristen wegen den verzerrten Riffs untergehen. Die Band verabschiedet sich.
Nach einer kurzen Pause betritt der Headliner die Bühne. Die japanische, von ihnen ungewollt als Postrock bezeichnete Band MONO. Ohne ein Wort zu sagen, beginnen sie mit ihrem sphärisch-melancholischen Sound. Zwei Gitarren, ein Schlagzeug, ein Synthesizer, ein Glockenspiel und ein Cello, welches man leider nur selten zu hören bekommt. Die Musik hat eine derartige Weite, dass man sich hineinlegen und darin versinken kann. MONO schafft solch viele Stile und Energien in ein einziges Musikstück zu verpacken, dass sie damit auch zurecht die Postrock-Schublade abweisen können. Sie morphen energetische, fast schon Metalähnliche Riffs in einen fast schon traurigen Kuschelrock. Man wird überrascht und man tanzt wie wild. Beendet wird das Konzert, neben einem sehr langen Applaus, in einem geloopten Riff der Bassspielerin der langsam ausklingt. Der für mich schönste Moment war, als die Bassistin Tamaki an ihr Synthesizer sass und begann zu singen. Fazit: Ein toller, energetischer, atmosphärischer und sehr wechselhafter Abend.
MONO im Interview
Elia Brülhart: Habt ihr euch je Gedanken darüber gemacht, Texte über eure Instrumentals zu schreiben?
Taka Goto: Eigentlich nicht, aber wir haben auf unserem neuen Album ein Lied auf dem Tamaki singt und das werden wir voraussichtlich im November als Single herausbringen.
E: Welche Bands haben oder welche Musik hat dich am meisten inspiriert in deinem Sound?
T: Ich sage immer meine grösste Inspiration ist Beethoven. Ich liebe seine Symphonien, er ist ein Genie. Und ich bin ein Gitarrenspieler und ich liebe den Lärm der verzerrten Riffs, also will ich diesen Sound mit der Struktur der klassischen Musik kombinieren.
E: Was hat dich am Anfang motiviert, überhaupt Musik zu schreiben oder zu spielen?
T: Das ist schon lange her. Ich habe meinen ersten Song schon mit 14 komponiert. Ich habe in diesem Alter die Gitarre erlernt und zur gleichen Zeit begonnen zu komponieren.
E: Wie seid ihr als Band mit dem Label Tzadik in Kontakt getreten? Oder wie haben sie euch entdeckt?
T: Wir schickten damals unsere Musik an mehrere Labels und alle liebten es und dann konnten wir uns entscheiden. Jetzt sind wir aber seit 18 Jahren bei Temporary Residence Limited.
E: Du sagtest einmal, dass Lars von Trier eine grosse Inspiration mit eurer Musik war.
T: Ah Lars von Trier, ich liebe seine Filme vor allem Breaking The Waves. Seine neuen Filme nicht mehr so sehr, die Stimmung seiner Filme haben sich verändert.
E: Viele eurer Lieder haben diese düstere oder traurige Stimmung. Habt ihr euch schon mal überlegt fröhliche Musik zu machen?
T: Ich sage immer der nächste Song wird ein fröhlicher! Aber ich komponiere meistens in der Nacht. Einmal bin ich aber am morgen früh aufgewacht und habe gedacht jetzt komponiere ich ein Lied mit etwas hellerer oder fröhlicher Stimmung, aber das hat nicht funktioniert (lacht).
E: In einem eurer Songs erzählt ihr die Geschichte von Sadako Sasaki. Was ist eure Verbindung dazu?
T: Ich glaube das ist auf Walking Cloud, Deep Red Sky, Flag Fluttered and the Sun Shined, ein sehr langer Titel. Auf dem Album ist das Lied A Thousand Paper Cranes und in diesem Album haben wir ein farbiges Papier und eine Anleitung für einen Origamikranich dazugetan und das als Symbol für das Stück. Ich glaube es war im Jahr 2002 und ich dachte an 9/11. Wir haben uns gedacht, was können wir als Japanische Nation machen, weil wir Japaner am schnellsten sind im Bomben herstellen. Also habe ich die Geschichte von Sadako Sadaki genommen als Symbol.
E: Wie komponierst du, hast du irgendein Ritual oder kommen dir Ideen in Träumen? Oder wie machst du das?
T: Ich habe immer ein Aufnahmegerät dabei und wenn ich eine Idee habe, versuche ich es immer aufzunehmen. Das hat aber noch nie funktioniert (lacht). Das weiss ich jetzt. Aber zwischen den Tours kann ich in mein Studio in Tokyo mit den Gitarren und den anderen Instrumenten sitzen und dann geht‘s irgendwie.
E: Euer neues Album Nowhere Now Here hat auf dem Cover ein Mädchen welches auf dem Big Ben tanzt. was ist die Geschichte dahinter?
T: Das Cover wurde von einem Künstler von Ägypten gezeichnet, der auch für das neue Pink Floyd-Album das Cover designt hat. Er kontaktierte uns und sagte er sei ein grosser Fan und er wolle ein Cover für uns machen, also sagte ich ihm er soll uns alle seine Zeichnungen zeigen und dann habe ich diese ausgewählt.
E: Hörst du manchmal auch einfach eure eigene Musik?
T: Nein, nur wenn wir uns vielleicht an etwas erinnern müssen.
E: Welches Lied hast du als letztes gehört?
T: Spaces von Nils Frahm mein Liebstes von ihm.
Text: Elia Brülhart