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Als Lehrling am Boutiquefestival: Helfen am Zermatt Unplugged 20192 min read

19. Mai 2019 2 min read

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Als Lehrling am Boutiquefestival: Helfen am Zermatt Unplugged 20192 min read

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«Und wieso gnau macht mer so öppis freiwillig?», fragt eine Frau fassungslos nachdem ich ihre Tasche für den Einlass geprüft habe. Zusammen mit ihren Freunden geht sie an eine Afterparty des Musikfestivals «Zermatt Unplugged». Als Helfer am fünftägigen Event erledigen wir einfache Arbeiten wie den Bändeltausch oder, wie heute, die Taschenkontrolle.
Eigentlich halten wir Ausschau nach Getränken und Regenschirmen, gesehen haben wir aber alles von Stangensellerie und Kurkuma bis zu Plüschflamingos. In diesem Moment habe ich keine gute Antwort für die Besucherin, denn nach stundelangem Stehen und verständnisvollem Nicken inmitten einer Masse von angesäuerten Betrunkenen bin ich mir auch nicht mehr ganz sicher. Nicht viel später aber entlässt uns der Schichtverantwortliche in die Nacht und da fällt es mir wieder ein:
Es ist das verdiente Nichtstun zwischen den Schichten. Das Zusammensitzen mit den Lieblingsmenschen. Die vollkommene Zufriedenheit, die einem eine Tasse Glühwein am Lagerfeuer beschert. Das Austauschen von Erlebtem mit Fremden in der Toilettenschlange. Das übriggebliebene Sushi, auf das man nach Mitternacht hofft, da es am nächsten Tag nicht mehr verkauft werden kann. Die Begegnungen mit der Cervalat-Prominenz. Die freundlichen Gäste und sogar die Hässigen, über dessen Verhalten man nach kurzem Augenverdrehen lachen kann. Und natürlich sind es auch die Erinnerungen an Monsieur Gästeliste, der zu privilegiert ist, um wie alle anderen auch «ein fucking Bändeli» zu benötigen.
Man grüsst Mithelfer als wären es alte Freunde, tanzt mit ihnen im Kreisli und klagt kaffeeschlürfend über die Müdigkeit, die einen ununterbrochen begleitet. Wir entwerfen Strategien, um bei der Rückkehr ins Achterzimmer möglichst wenig Lärm zu verursachen und verschlafen das Frühstück, was aber nicht weiter schlimm ist – im Staffzelt gibt es heute nämlich Chääshörnli und ein privates Ständli von Kaufmann. Zusammen regen wir uns lautstark und stillschweigend über die zahlreichen Spiesser auf und freuen uns auf das nächste Konzert. Wir alle sind Teil von etwas Grossem! Und die Strapazen lohnen sich, denn schlussendlich hört man die Musik auch von den Helferplätzen hinter dem Pfosten aus und durch eine betäubende Wolke von Schlafmangel hindurch einwandfrei.
Mal ganz abgesehen davon, dass ich mir das Festival niemals als Besucher leisten könnte.
Text: Gastautorin Miriam Abt

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