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„Aber wir wollen keine Angst einjagen“ – Bohren & Der Club of Gore im Salzhaus7 min read

11. Dezember 2019 5 min read

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„Aber wir wollen keine Angst einjagen“ – Bohren & Der Club of Gore im Salzhaus7 min read

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Atmosphärischer Darkjazz im Salzhaus in Winterthur; Bohren und der Club of Gore sind zu Gast und bespielen das Salzhaus mit ihren düsteren Tönen. Dunkler Humor verbunden mit dunkler Musik, präsentiert uns die Band ein Jazzkonzert in musikalischer Zeitlupe.

Der Abend beginnt mit einem lauten Donner und es fängt akustisch zu regnen an und weiterer Donner ertönt, jedoch erhellen keine Blitze den verdunkelten Saal, sondern eine Taschenlampe, die von drei in schwarz gekleideten Herren verfolgt wird. Das sind Bohren & Der Club of Gore. Ohne die Gewitter-Geräuschkulisse zu dimmen oder ein Wort zu verlieren, bespielen sie uns bereits mit ihrem düsteren jazzig-doomigen Sound. Ein wunderbares Prelude.

Auf der spärlich beleuchteten Bühne erkennt man ein Mellotron, ein Rhodes, einen E-Kontrabass, Vibraphon und 3 Männer. Zwei setzen sich vor ihre Instrumente und der dritte welcher steht, trägt seine Haare lang, und ein Saxofon in den Händen. Der Letztgenannte bespielt im Verlauf des Konzerts auch noch das Vibraphon. Auch erblickt man knapp, noch wenige Perkussionselemente. Das Instrument welches einem aber am meisten ins Auge sticht, ist der automatische Jazzbesen, der über die drehende Paradetrommel streicht, welches die Grundsubstanz jedes Liedes gibt.

Nach jedem Lied fallen kurze schwarzhumorige Anekdoten, Kommentare oder Erklärungen der Titel von Christoph Clöser. Zum Beispiel zum Lied; „Komm zurück zu mir“; dass sei keine romantische Aussage im Sinne einer Trennung einer Liebesbeziehung, sondern mehr „Komm zurück zu mir dass ich dich weiter mit meiner Autoantenne auspeitschen kann.“ Morten Gass an den Keys und Robin Rodenberg am Bass verlieren kein Wort während der gesamten Vorstellung. Jedoch alle drei geben eine fantastische akustische Performance ab. Mit der kleinen Ausnahme als sie versuchten ein Stück des neuen Albums zu präsentieren, was dann doch ein wenig misling. Aber keiner konnte es ihnen recht übelnehmen da sich Clöser schon im Voraus mehrfach dafür rechtfertigte. Ein schöner Moment als Morten Gass plötzlich seine Baritongitarre zückt und darauf vibrierend zu spielen beginnt.
Ein fantastisches Konzert.

 

Ich habe Christoph Clöser und Morten Gass vor dem Konzert getroffen:

Elia Brülhart: Steckt hinter euren Live-Performances ein Konzept dass ihr so plant du erarbeitet? Zum Beispiel der Donnereinstieg?

Christoph Clöser: Wir machen uns Gedanken über alles, natürlich auch wie wir die Musik präsentieren, auf der Bühne passiert ja nicht viel, weil sie ja auch ganz düster beleuchtet ist, und deshalb versuchen wir Abwechslung herzustellen. Wir haben Beispielsweise auch schon mit dem Donner das Konzert beendet, oder es während des gesamten Konzerts regnen und zwischen den Stücken donnern lassen, aber das war ganz früh so um 2000 rum.

EB: Habt ihr die Gewittergeräusche selbst aufgenommen?

Morten Gass: Nein, die sind aus zwei Videospielen, ich sag jetzt nicht welche damit es keinen Ärger gibt.

EB: Und eure Musik hat eine sehr düstere, oder fast auch bedrohliche Stimmung und das Genre wird unter anderem auch Horror Jazz genannt, wollt ihr in euren Zuhörern ein Gefühl des Unbehagens auslösen?

CC: Nein. Die meisten Zuschreibungen kommen nicht von uns. Wir nehmen sie zwar gerne an, weil wir denkfaul sind, damit wir nicht erklären müssen, was das ist was wir machen, aber wir wollen keine Angst einjagen.

EB: Euer Sound erinnert mich teils stark an den Twin Peaks Soundtrack, ist Angelo Badalamenti und allgemein diese Serie eine Inspiration für euch? 

CC: Eigentlich nicht, ich meine klar kuckt man viel Filme und ich habe auch Twin Peaks gesehen, aber unsere Musik hat sich so selbst entwickelt.

EB: Also auf jeden Fall nicht bewusst inspiriert?

CC: Das ist schon so lange her, und auf den letzten sechs Platten finde ich, findet sich da weniger Ähnlichkeit.

EB: Oder was sind grosse Inspirationsquellen, egal ob aus Film, Kunst oder aus dem reellen Leben? Oder ist das zu lange her?

MG: Nein, das ist nicht zu lange her, man lebt ja weiter, ich sage mal, da findest du jeden Tag, oder zumindest einmal die Woche etwas dass dich inspiriert, aber da jetzt den Finger drauf zu legen,-

CC: Das jetzt so konkret zu sagen, ist schwierig, dass muss jetzt gar nicht umbedingt Musik sein sondern eher Gefühle. Also ich persönlich würde mich da sehr schwer tun etwas zu nennen.

MG: Es gibt ja auch Sachen, die man scheisse findet, und die inspirieren einen ja auch, so nach dem Motto: So soll man es auf keinen Fall machen.

EB: Wie komponiert ihr eure Musik, habt ihr ein Ritual oder schreibt ihr Musik nieder?

CC: Am Ende, um die festzuhalten, weil man sie auch Jahre später einfacher rekapitulieren kann, wenn man sie lange beiseite gelegt hat.

MG:Ganz normal, man setzt sich an irgendein Instrument und man dudelt was vor sich hin, bis es einem gefällt und dann merkt man sich das und führt die Idee weiter aus. Also eigentlich klassisch, ausser dass wir uns halt nicht als Band treffen und jammen. Das machen wir nicht, aber man sitzt in seinem Kämmerchen und denkt sich was aus, was man dann schön findet.

EB:Komponiert ihr gemeinsam?

MG: Nein, wir komponieren alleine.

CC: Jemand hat eine Idee und irgendwann wirft man das zusammen und dann füge ich was bei, und dann er und so entsteht das dann.

EB: Habt ihr Musik studiert?

MG: Ich bin Autodidakt.

CC: Ich habe Jazz studiert, das war damals das erste mal dass die Hochschule das unter diesem Namen anbot.

EB: Ursprünglich kommt ihr aus der Metal-oder auch Hardcoreszene, wie ist diese Bewegung von Metal zu Jazz zustande gekommen?

MG: Also nur ich und Robin kommen aus dieser Szene her, ja zuerst spielten wir kein Jazz, wir sind, also Robin und ich, beide gar nicht in der Lage Jazz zu spielen, das hört sich jetzt wie ein riesiger Sprung an,-

CC: Das liegt aber auch daran dass Jazz immer mit Virtuosentum verbunden wird, was ich jetzt selber sehr ungültig finde. Aber unsere Musik ist eben nicht so, wir komponieren einfach ein Stück und sagen dann so soll das sein.

MG: Aber wie gesagt wie man vom Metal auf unsere Musik kommt, ja das ist ein komplexes Thema und also die einfachste Erklärung ist; wir haben einfach keinen Spass mehr gehabt irgendwas nachzukupfern was andere schon tausendmal besser gemacht haben als wir. Und das war der Hauptantrieb, und da hat man sich überlegt was man gerne hören würde, und dann sind wir so auf die Musik gekommen. Und das hat auch eine gewisse Zeit gedauert, und du kannst ja nur damit Musik machen was du hast, also die erste „Gore Motel“-Platte, zum Beispiel, ist mit dem Zeug aufgenommen, was in unserem Proberaum so rumstand, das war halt unser Hardcore-,  Metal-Instrumente, Schlagzeug, Gitarre, Bass und eine Farfisa-Orgel.

CC: Und die ist praktisch live aufgenommen eigentlich. Also live im Studio alles in einem Take.

MG: Also das gehörte auch alles dazu, man kannte seine Grenzen, wir wussten wir können uns einen Tag im Studio leisten. Und ab „Sunset Mission“ war uns dann auch klar dass wir so Musik machen wollten, da wars dann auch klar dass wir unserer eigenes Studio zulegen mussten weil das kann man dann nicht mehr an einem Tag runterdonnern.

EB:Im Januar werdet ihr ein neues Album veröffentlichen, und da schien mir auf dem ersten releasten Track doch der Stil im Sinne des Jazzes viel „klassischer“ und insgesamt auch weniger „dronig“ und düster. Ist diese Veränderung eine sehr bewusste Entscheidung oder passierte es während Kompositionsprozessen?

CC: Dieses Lied steht jetzt nicht stellvertretend für alle, das ist nur eine musikalische Facette der Platte.

MG: Schneller sind die Stücke eigentlich nicht, wir machen uns über die Tempo nie Gedanken gross, ein Stück klingt so schnell wie es sein muss.

CC: Wir haben zum Beispiel auch noch nie gedacht; Oh das ist jetzt viel zu schnell, wir sind ja die langsamste Band der Welt.

EB: Also ist eure Musik auch nicht konzeptuell?

MG: Wann ist Musik nicht konzeptuell, ausser wenn man in einer Coverband spielt, wenn man seine eigene Musik spielt ist sie doch immer konzeptuell.

CC: Die passen schon zusammen die Stücke, wir haben Klangvorstellungen, es gibt einen Titel, der meistens schon sehr früh feststeht, und ich empfinde die alle als homogen. Also wir achten schon dass die zusammenpassen. Und zur Not lassen wir auch mal eins weg, was dann halt nicht dazu passt.

EB: Und welches Lied habt ihr euch zuletzt angehört?

CC: Ich höre in letzter Zeit oft Stücke des Arthur Verocai. Ein brasilianischer Easy Listening Künstler.

MG: Heute habe ich noch gar keine Musik gehört, aber gestern wo wir nach Bern gefahren sind habe ich auf Shuffle gehört und das letzte was da lief war glaube ich „Tyrant“ von Judas Priest 

 

 

 

 

 

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