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Ein Abend mit Urban Priol im wiedereröffneten Kleintheater4 min read

3. Oktober 2020 3 min read

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Ein Abend mit Urban Priol im wiedereröffneten Kleintheater4 min read

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Am Samstag den 12. September beehrte der deutsche Kabarettist Urban Priol das Kleintheater Luzern zur dessen Wiedereröffnung. Die Nachfrage ist stark, es gibt eine Zusatzshow. Lang wartete das Kulturpublikum auf frische Luft um die Ohren. Doch das Warten hatte endlich ein Ende.

Ein halbes Jahr mussten sowohl die Theatermacher/Mitarbeiter als auch wir, die Zuschauer, krisenbedingt ausharren um endlich wieder ins Theater zu gehen. Stolz verkünden die beiden Theaterleiterinnen Judith Rohrbach und Sonja Eisl, so wie die Stiftungsratsvorsitzende Lisa Bachmann, wie sie gekämpft haben um heute Abend erneut den Spielbetrieb wieder aufnehmen zu können. Das Programm mit «einer wahren Grösse des deutschsprachigen Kabaretts», Urban Priol, eröffnen zu dürfen, ehrte sie sehr.

Großer Applaus ertönte von den «maskierten» Gästen, als der Nordbayer die Bühne betritt und dieser ist bestens gelaunt. Euphorisiert und mit schelmischem Gesicht begrüßt er das Luzerner Publikum und freut sich «endlich wieder vor echten Menschen» stehen zu können. Leger legt er sein Textbuch auf den Tresen, neben dem obligatorischen Glas Weissbier, welches nie bei seinen Auftritten fehlen darf. Er verkündete, er habe während dieser Krise eigentlich keine Zeit gehabt, aber vor allem keine Lust seinen Text zu lernen, weil er ja nie wusste, wann er wieder auftreten darf. Und sofort ist auch das erste Thema klar, nämlich die Krise. Diese Krise, die vor allem ihn und seinen kulturschaffenden Kollegen so stark zusetzte.

Horst Lichter anstelle von Licht am Ende des Tunnels

Sein eigenes Theater in Aschaffenburg konnte auch erst zum 7. September eröffnen und dies, genauso eingeschränkt wie im Kleintheater und natürlich allen kulturellen Einrichtungen im Land. Pandemiebedingt musste man auch hier die Zuschauer auf beide Auftritte teilen, da man auch trotz Masken, keine 250 Gäste auf einmal begrüßen könnte.

Der Unterfranke erzählt von privaten Erfahrungen mit viel Zeit vor dem TV, bei dem er anstelle vom Licht am Ende des Tunnels, leider nur Horst Lichter und sein Bares gegen Rares sah.

Die Krisenanalyse ging nahtlos in politische Themen über, der Stärke des Mannes mit dem wirren Haar. Priol lässt vor allem an seiner Heimat und deren Politik kaum ein gutes Wort und schießt sich auf die CSU Politik ein und dem «omnipräsenten Söder» den er 1A parodiert. Intelligente Verkettungen in die Wirtschaftspolitik folgen, wo er auch hier und da ein paar Sätze zur Lage in der Schweiz, aber auch vom Nachbarn Österreich, abfeuert. Auch bei letzterem bekommt das lachende Publikum eine Persiflage auf Minister Kurz.

Entlarvung zeitloser Faktenverdreher

Generell parodiert er in gewohnter Manier Kanzlerin Merkel, aber auch Altkanzler Schröder, so wie seinen geschätzten Kollegen Georg Schramm, was den Gästen hier und da Tränen vor lauter Lachen ins Gesicht treibt.

Doch auch wenn viel gelacht wird, so ist es eigentlich immer ernsthaft gemeint. Denn das Dilemma um korrupte Politiker, den Flüchtenden auf den griechischen Inseln, Wirtschaftsskandalen und rechtsradikalen Attentaten, kann man nur wenig Sympathie entgegen bringen. Manchmal bekommt man den Eindruck als wäre ihm in seiner langen Arbeit auf hunderten von Bühnen Angst und Bange, dass sich immer wieder die gleichen Szenarien abspielen.

Nichtsdestotrotz versteht er gekonnt seine Pointen zu setzen und begeisterte durchgehend die Zuschauer. Am Ende entlarvte er in einer wunderschönen Odyssee die Verschwörungstheoretiker, indem er alle miteinander verwebt und das in einem Tempo, welches das Publikum fast schwindelig werden lässt.

Anekdote vor dem Abgang

Sein gut 100-minütiges neues, sehenswertes Programm «Im Fluss» macht seinem Name somit alle Ehre. Urban Priol, der seine ersten Gehversuche auf der studentischen Bühne in Shakespeare-Stücken machte, ist so agil und mit dem Herzen dabei, dass er am Schluss gleich zweimal auf die Bühne applaudiert wurde und den Luzernern gerne noch eine Anekdote erzählte bevor er sich verabschiedete.

Wir haben uns köstlich amüsiert und ein strahlendes, aber auch leicht nachdenkliches Publikum gesehen, welches aufgrund von Covid-19 gleich wieder gehen musste, da der Barbetrieb noch nicht stattfinden durfte.

An dieser Stelle wünschen wir vor allem dem Kleintheater Luzern eine tolle Spielzeit mit vielen Gästen und freuen uns schon auf den nächsten Besuch.

Text: Daniel Klein
Bild: Zvg

 

 

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