Hey DJ, wie geht’s? – Wie die Club-Kultur weiterlebt4 min read
Reading Time: 3 minutesSeit nun bald einem Jahr – mit kleinen Lockerungen im Sommer – haben die Clubs in der Schweiz ihre Türen geschlossen. Seit nun bald einem Jahr gibt es nirgends in der Schweiz mehr die ach so schönen Partynächte in den Kellern der Clubs. Genau das fehlt uns allen, aber wie siehts eigentlich auf der anderen Seite aus? Wie lebt die Club-Kultur weiter? Was machen DJs während diesen Tagen? Über genau diese Fragen haben wir mit dem Luzerner DJ Florian Holzer aka Soloduo gesprochen. Er ist resident DJ im ROK und dem Label „Kopflos“ und bespielt gerne mal auch andere Schweizer Clubs.
Im März vor einem Jahr hat sich auf einen Schlag vieles geändert, das eigentlich selbstverständlich wäre. So haben sich vor allem auch für Florian Holzer aka Soloduo seine Wochenenden geändert. «Vor Corona war ich circa drei von vier Wochenenden im Monat in Clubs unterwegs. Unter der Woche habe ich mich vorbereitet und Musik produziert», sagt Florian. «Heute bleibt viel mehr Zeit übrig für die Arbeit, die man nicht gerade auf den ersten Blick sieht.» Musik ist immer noch ein grosser Teil in Florians Leben. Man kann in Ruhe mal einfach seine gesamte Musik-Bibliothek durchgehen und ausmisten, oder man kann auch einfach mal an einem Samstagabend gemütlich ins Studio gehen. Die Corona-Zeit hat also nicht nur ihre Schattenseiten. Das heisst aber noch lange nicht, dass man nichts vermisst. «Der Kontakt zu den Gästen fehlt extrem. Man sieht plötzlich Menschen nicht mehr, die man sonst jedes Wochenende gesehen hat. Weil man sich aber im Club nicht mehr sieht, sieht man sich auch sonst nicht mehr, obwohl man sich mag», meint Florian und ergänzt: «Ein Clubbesuch kann einem sehr viel geben. Vor allem im sozialen Aspekt. Man teilt mit den Menschen seine Leidenschaft für Musik.»
Man wird kreativ
Im April ist eine Welle von Live-Streams losgetreten worden. Fast jeder und jede streamte seine DJ-Sets über das Internet. Zu Beginn war das eine Alternative, die ganz okay war. «Die Live-Streams sind eigentlich eine gute Alternative, aber doch nicht das Wahre. Es ist einfach nicht das Gleiche wie in einem Club. Der Vibe ist nicht derselbe», meint Florian zum Thema Live-Streams. Die Welle an Live-Streams flachte dann wieder ab und aktuell kommen sie langsam wieder zurück. Das Luzerner Label «Kopflos» beispielsweise startete im Frühjahr 2020 Podcasts mit diversen DJs. Genau so einen Podcast hat auch Florian aufgenommen. Die DJs werden eingeladen, um ein Set zu spielen. Das Ganze wird dann für alle zugänglich auf Soundcloud gestellt (HIER findest du übrigens sein Set).
Im Herbst musste man dann nochmals aufs Neue kreativ werden. Als der Bund entschied man darf die Clubs zwar offen haben, aber man darf nur noch sitzend konsumieren, wurde es wieder für alle schwer. Als Club darf man zwar Gäste empfangen, aber in einem Setting, das nicht weiter weg sein könnte von einer Normalität. Zu dieser Zeit wurden dann vereinzelt auch „Techno-Kaffees“ konzipiert. Man ravet im Sitzen. Ganz simpel. So zum Beispiel im Südpol. Für das gehen übrigens wieder die Credits raus an «Kopflos»!
Aktuell hat man als Club wieder ein Öffnungsverbot. Was die Lage für die Club-Kultur zwar ein bisschen besser macht als noch im Herbst, aber trotzdem nicht rosig ist. «Diese Lage zwingt alle in die Knie, egal ob einen grossen Club wie das ROK oder einen kleinen Club wie die Kegelbahn, alle haben es schwer.“, sagt Florian, „Die Club-Kultur geht aktuell ein klein bisschen kaputt, vor allem die Jobs dahinter. Auch diejenigen, die man nicht immer wahrnimmt.»
Ein positiver Blick in die Zukunft
Der Impfstart war für viele eine Art Lichtblick am Ende des dunklen Tunnels, der dieses Virus geworden ist. So auch für Florian «Ich bin positiv auf die Zukunft eingestellt. Ich stecke Hoffnung in die Impfung und sobald genügend Menschen geimpft sind, können die Clubs wieder zurück zum Normalbetrieb.» Was sein Bauchgefühl voraussagt für die Zeit, in der die Clubs nach fast einem Jahr wieder normal geöffnet haben dürfen, hat er uns auch noch verraten: «Zu Beginn wird wahrscheinlich noch ziemlich über die Stränge geschlagen. Ich nehme aber an, dass es sich relativ schnell wieder normalisieren wird und sein wird wie vor der Corona-Zeit.». Eine grosse nachhaltige Veränderung für die Club-Kultur wird es wahrscheinlich nicht geben, nimmt er an. «Einige mit einem gewissen Alter werden aber wahrscheinlich einsehen, dass sie nun ein Jahr ohne Feiern leben konnten und nun mit 50-ig nicht mehr an Partys müssen», meint Florian lachend. Bis aber wieder Normalbetrieb herrscht muss man noch durch einiges durch. «Für eine Normalität muss man irgendwo Kompromisse eingehen. Ich hoffe dass das die Menschen einsehen.».
Tiefgang: What’s that? Jeden Monat beschäftigt sich das Team unserer Musikredaktion eingehend mit einem Thema, das uns beschäftigt. Unter der Kategorie «Tiefgang» erscheinen mehrere Artikel pro Monat, in denen sich unsere Autor*innen aus verschiedenen Blickwinkeln mit unserem Fokusthema auseinandersetzen.