Der emotionale Auftakt zum doppelten Finale am Luzerner Theater: Tanz 36+ Finale4 min read
Reading Time: 3 minutesDie Spielzeit 20/21 am Luzerner Theater geht in allen drei Sparten Theater, Tanz und Oper zu Ende. Mit ihr auch das langjährige Wirken Kathleen McNurneys, der künstlerischen Leiterin der Tanzkompanie. Das Stück „Restlessness“ des Französischen Choreographen Patrick Delcroix schuf in diesem Sinne sowohl McNurneys Schaffen als auch der Spielzeit ein würdiges und vor allem sehr emotionales Finale.
Ruhelosigkeit in ungewöhnlichen Zeiten und ein freudiger Abschluss
Ein halbes Jahr ist es her, seit die Kompanie „Tanz Luzerner Theater“ das letzte Mal live vor Publikum aufführen konnte: „Tanz 34: Wie es euch gefällt“ durfte im September und Oktober 2020 noch aufgeführt werden, während das darauf folgende Projekt „Tanz 35: Alice“ nur auf Film zu sehen war. Deshalb war es umso erfreulicher, am Samstagabend noch einmal die komplette Kompanie unter der Leitung Kathleen McNurneys auf der Bühne zu sehen.
Bereits Kathleen McNurneys erste Produktion am Luzerner Theater „Tanz 1“ entstand in Zusammenarbeit mit Patrick Delcroix. Mit „Tanz 36“ schliesst sich also der Kreis, wie es die Spirale auf dem aktuellen Programmheft im Voraus angedeutet hatte. Das aufgeführte Stück „Restlessness“ thematisiert die menschliche Ruhelosigkeit, die entsteht, wenn Dinge nicht wie gewohnt laufen, wie dies zum Beispiel in Quarantäne der Fall sein kann. Man will raus, in die Natur, Freude und Spass erleben. Düstere Augenblicke gelangten in den Hintergrund und es waren die heiteren und fröhlichen Momente, die in diesem Stück überwiegten. Bei einem eher zurückhaltenden Bühnenbild – hängende Steine, die für unterschiedliche eingeschlagene Wege im menschlichen Leben stehen – waren es die farbigen Kostüme, welche die positiven Emotionen vermittelten, verstärkt mittels gefühlsvoller Musik.
Die Entstehung des Stückes war bereits stark von Emotionen und Gefühlen geleitet: Durch einen Workshop mit den Tänzer*innen erfuhr der Choreograph, wo die einzelnen Stärken liegen, wie er diese einsetzen kann und in einem Stück gemeinsam funktionieren. Die schlussendliche Choreographie entstand also eher im Spiel als aus einer vorgefertigten Idee.
Beeindruckende Eigenregien aktueller Kompaniemitglieder
Nebst Delcroix‘ Werk wurden noch zwei weitere Stücke präsentiert, welche Kompaniemitglieder in Eigenregie choreographiert haben. Zusätzlich entwarfen die Tänzer*innen die Kostüme und suchten die Musik dazu aus. Den Auftakt dazu machte das Stück „A String Telephone“ von Mathew Prichard, welcher einen Teil seiner eigenen Lebensgeschichte in seine Arbeit mit einbaute. Der junge Tänzer wurde hochgradig schwerhörig geboren und begann erst mit etwa drei Jahren zu hören. Zuvor nahm er Musik nur durch Vibrationen wahr. Prichard wählte deshalb die menschliche Kommunikation als Thema für sein Stück und fokussierte vor allem die Fragilität der Verbindung zweier Menschen. Zwei Becher, welche die Tänzer als Schnurtelefon an ihre Ohren hielten, verdeutlichten die Thematik. Durch das Licht, die Musik und die leicht spürbaren Vibrationen meinte man sich als Zuschauende schon fast ein wenig in eine ähnliche Lage einfühlen lassen zu können.
Nach einem bereits sehr packenden und emotionalen Einstieg folgte das zweite Stück „Never Odd or Even“, choreographiert durch das Kompaniemitglied Carlos Kerr Jr. Liest man den Titel des Stückes erneut, diesmal aber rückwärts, kann man bereits ahnen, worum es sich im Stück handeln könnte. Kerr setzte sich in seiner Choreographie mit wissenschaftlichen, mathematischen und physikalischen Phänomenen auseinander. Unter anderem damit, wie Ereignisse gleichzeitig vorwärts und rückwärts ablaufen können. Vier Tänzer*innen übersetzten das Stück gefühlsbetont unter atmosphärischer musikalischer Begleitung und schufen Begegnungen auf der Bühne, die einem noch lange in Erinnerung bleiben werden.
Und Tickets für die kommenden Spieldaten?
Zurzeit sind alle Spieldaten des Stückes aufgrund der begrenzten erlaubten Besucher*innenzahl restlos ausverkauft. Ein kleiner Funken Hoffnung besteht aber noch, das Stück trotzdem noch hautnah erleben zu dürfen. Je nachdem, wie sich die Massnahmen des Bundes im Juni noch verändern. Es lohnt sich also, sich da auf dem Laufenden zu halten. Und wenn es nicht mehr dazu kommt, ist die Audioeinführung des Luzerner Theaters in Kooperation mit dem Radio 3FACH zwar nicht das Gleiche – aber trotzdem ein guter Trost!
Zudem wurde kürzlich das Programm für die neue Spielzeit 21/22 im Dreispartenhaus des Luzerner Theaters veröffentlicht: Oper, Schauspiel und Tanz setzen auf Diversität und nutzen das breite Spektrum an Talent und Kreativität, welches die Kunstszene zu bieten hat. Hier gehts direkt zum Programmheft.
Text: Meret Lustenberger
Bild: Gregory Batardon