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Opulentes und bereicherndes Erbe – Das Atelier Zanolli3 min read

23. August 2022 3 min read

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Opulentes und bereicherndes Erbe – Das Atelier Zanolli3 min read

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Im ganzen Raum sind Regale sowie Tische oder Vitrinen verteilt, in welchen sich die unterschiedlichsten Gegenstände befinden: von Stoffkissen, Teppicharbeiten bis zu feinen Broschen und Armreifen. Ihnen allen gemeinsam: Es sind in erster Linie Bedarfsartikel, die grösstenteils im Alltag verwendet werden. Doch sind sie auf so beeindruckend weise gestaltet und in filigranster Handarbeit ausgeführt, dass es fast zu schade ist, sie tatsächlich zu brauchen. Das Besondere der Ausstellung: Im ersten Moment fühlt sich das Betreten der Räume so an, als würde man tatsächlich in das Atelier der Familie eintreten.

Entstehung des Ateliers in Zürich

Die Familie Zanolli wanderte 1905 von Italien in die Schweiz und liess sich in Zürich nieder. Die Mutter, Antonietta Zanolli, kam vorbereitet in die Schweiz. Vor der Abreise fertigte sie ein Bündel an selbst genähten Kleidungsstücken, die sie in der ersten Zeit in der neuen Heimat verkaufte und damit den Lebensunterhalt der Familie finanzierte. Das grosse Interesse an ihrer Ware führte dazu, dass auch ihr Mann Enrico ins Textilgeschäft einstieg, welches er dank seines Berufes als Wagner mit Leder- und Holzarbeiten zusätzlich bereichern konnte. Der Familie gelang es, mit wichtigen Textilunternehmen und bedeutenden Warenhäusern zusammenzuarbeiten. So fanden sie Abnehmer für ihre Objekte und waren wirtschaftlich abgesichert, was in Bezug auf die teils schwierige Lage der Epoche bemerkenswert ist.
 Besonders ihre Kinder trugen zur Entwicklung des Ateliers Zanolli bei. Die mittlere Tochter, von der wohl die meisten Designs stammen, besuchte die Kunstgewerbeschule in Zürich. Dort wurde sie unter anderem von Sophie Täuber-Arp, eine der bedeutendsten Künstlerinnen der Avantgarde, unterrichtet. Ihre wegweisende Arbeit dient noch heute als Inspirationsquelle. In der Ausstellung liegen zwei bestickte Kissen der beiden Frauen gleich nebeneinander, welche deutlich die stilistischen Gemeinsamkeiten aufzeigen.

 

«Atelier Zanolli» (Bild: Museum für Gestaltung )

Design zwischen Kunsttendenzen und dem Wunsch nach Frieden

Das Erbe der Familie Zanolli ist reich an innovativen Techniken und Designideen. Eine Vielzahl davon sind von Hand gefertigte Glasperlenarbeiten, wie etwa eine Gürteltasche, die zu sehen ist. Oder es sind Seidenstoffe ausgestellt, die mit der Airbrush-Technik besprüht wurden und von besonderer handwerklicher Finesse zeugen.

Was die Designs betrifft, so sind in der Ausstellung Objekte vertreten, die deutlich die Einflüsse der damaligen Kunsttendenzen, wie dem Expressionismus oder dem Konstruktivismus, aufnehmen. Gleichzeitig gibt es aber auch jene, die offensichtlich ein politisches Statement abgeben. Sie richten sich häufig gegen die Bedrohung durch totalitäre Regimes, was in Anbetracht der Abhängigkeit der Familie von den Textilunternehmen besonders beachtlich ist.

«Familie Zanolli» (Bild: Museum für Gestaltung )

Die letzten Objekte des Ateliers Zanolli stammen von 1939. Danach musste die Familie aufgrund des Krieges wieder zurück nach Italien. Der Schatz, den das Museum für Gestaltung der Öffentlichkeit nun aber zugänglich machte, ist von ausserordentlichem Wert. Denn es vermittelt einen Einblick in die grazilen Handwerksarbeiten dieser Epoche und gibt Gegenstände wie ein Telefonbucheinband preis, die mittlerweile der Vergangenheit angehören.

«Atelier Zanolli» (Bild: Museum für Gestaltung )

 

Die Ausstellung «Atelier Zanolli. Stoffe, Mode Kunsthandwerk 1905-1939» ist noch bis am 4. September 2022 im Museum für Gestaltung in Zürich zu sehen.

 

Text: Anna Diener
Foto: Museum für Gestaltung

 

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