Vernissage Oida – Dürum und immersive Traumwelten3 min read
Reading Time: 3 minutesNeve ist Kunstgeschichtsstudentin in Wien. Frisch in der Stadt, will sie sich Bisse des Wiener Kuchens gönnen. Am besten geht dies durch eine Form von Feldstudie: Man gehe vom größten anarcho Offspace bis zur elitärsten Galerie der Stadt. Von Sekt bis Bier ist alles dabei – let’s explore die Widersprüche der Kunstwelt-Milieus, welche vielleicht doch das eine oder andere gemeinsam haben.
Ich betrete den kleinen Raum an der Schadekgasse. Es ist verdammt kalt draussen, nacht und hat schon wieder begonnen zu schneien. Die kleine Galerie «Wiener Art Foundation» mit unregelmässigen Öffnungszeiten wurde mir von einem Freund aus Basel empfohlen. Praktischerweise auch nur ein paar Minuten von meinem Zuhause entfernt.
Mein erster Gedanke vor dem Eintreten: Es wird szenig.
Mein zweiter: Es ist nur halb so szenig wie gedacht.
Der Offspace bildet ein kleiner, unterteilter Raum. Weisse Wände, auch bisschen heruntergekommen, aber grad so an der Grenze zu hip (wie bei der letzten Vernissage, nur etwas weniger). Strategisch platziert am Eingang ist die kleine Bar. Ich werfe viel zu viel Geld in das Kästel für den nicht so leckeren Tropfen und traue mich unter den Blicken nicht zu wechseln. Fängt ja mal gut an.
«oh, der Wein kostet?»
– Eine Besucherin
Ein Blick über die Menschen, die sich in Barnähe aufhalten, eröffnet sich ein immersives Werk. An allen Wänden wird eine traumartige 3-D-Welt projiziert, ich muss an Games denken, an meine Minecraftvergangenheit. Alles kann man erschaffen, dort gibt es keine Grenzen. Eine Stimme aus dem Off begleitet die Betrachter:innen. Ich setzte mich auf den orangenen, fluffigen Teppichboden, betrachte die ganze Show. Dystopische, lustige und verstörende Welten eröffnen sich. Verdrehte Körper, Glitches und nicht-fertig Gerendertes. Durch diese abgefuckten Szenen kann man sich per Joystick bewegen. Dieser besteht aus einem Schaufenster-Puppenkopf. Schwarz glänzend lackiert mit blonder Perücke (eine Anspielung auf den Künstler selbst).
Tatsächlich passt der Titel «IT’S JUST A DREAM (don’t worry)» zum Thema. Nachdem die eine Frau den Joystick wieder frei macht, traut sich niemand mehr in die Mitte des Raumes, um den Stick zu betätigen, mich miteingeschlossen.
Ich stehe also wieder auf, bewege mich um die Menschen. Erster Gedanke kommt in dieser Menge: bin ich eventuell doch bisschen weird, dass ich da so allein rumstehe während ich diese Notiz in mein Handy tippe?
Ich beginne ein Gespräch mit den beiden Künstlern. Plötzlich bin ich mir unsicher (da hier mein Peak an Unsicherheit erreicht ist), ob man etwa doch etwa mein Abendessen, einen reingequetschten Dürüm ohne Zwiebel (!) riecht. Unangenehm, ich nippe unbeholfen am Wein, suche die Distanz, die Künstler rücken nach. Egal, die sind tatsächlich sehr nett und erzählen mir interessiert ihre Idee. Die eigenen Träume als Basis für ein Werk nutzen. Sichtbar machen, das Unlogische wird logisch. Zeit und Raum ist egal. Ich find das ganz toll.
«Ich finds schwierig mein Werk zu überintellektualisieren»
– Der Künstler
Ich frage mich, ob viele Leute in die WAF kommen. Der Raum war durch seine kleine Grösse schnell gefüllt. Man kennt sich. Waren all diese Besucher:innen Freunde? Ist eine gewisse Leere immer im Offspace zu finden? Sind die Menschen wirklich nicht so kunstinteressiert, wie sie gern tun? Bei näherem Betrachten ist der Raum jedoch durchmischter. Es sind schon vor allem die Freund:innen der beiden Künstler, aber auch ein paar Passant:innen und ältere Menschen.
Schlussendlich war es eine schöne kleine Vernissage. Kein überhype, nicht gross. Das Ausgestellte war gut und das ist, dass, was bleibt.
Wird die nächste Vernissage endlich mal richtig szenig? Wird es noch mehr Dürüm geben? Wir werdens bei der nächsten Ausgabe erfahren!