Von Italo-Disco bis zu träumerischem Indie-Sound – Das m4music Festival 2023 im Schiffbau4 min read
Reading Time: 3 minutesSamstagabend beim ausverkauften m4music Festival des Migros-Kulturprozent – sehnsüchtige Sommerstrandgefühle, melancholische Melodien und nächtlicher Electro-Indie-Pop begleiten uns durch das erste Festival-Highlight des Jahres.
Autor: Jan Nussbaumer
Dank fünf Bühnen, über 40 Shows, diversen Expert:innen-Talks und einer Award-Show ist das m4music Festival ein wahrer Treffpunkt für alle Menschen, die in der Schweizer Musikbranche tätig sind. Im Rahmen der «Demotape Clinic» vergab eine auserwählte Jury, in diversen Genres, den mit je 3000 Franken dotierten «FONDATION-SUISA-Award» und macht das Festival so zu einem Pflichtprogramm für alle jungen Künstler:innen. Gegen den späteren Samstagabend lassen wir die Musik für sich sprechen, ziehen unsere Jacke wieder an und begeben uns nach draussen zur Open Air-Stage, welche sich auf dem Platz vor dem Schiffsbau befindet.
Von Süditalien bis ins Weltall
Der Award für die grösste «Discotastigkeit», einen Mix aus Italo-Sound und analogen Synthesizer, ging an Valentino Vivace und seine Band. Der erwärmende Sound wie bei «Autoradio» liess die kühle Aussentemperatur rund um die Open Air Stage vergessen und nostalgische Gefühle an vergangene Sommerabende kamen hoch. Aufgrund der fröhlichen und mitreissenden Songs möchte man am liebsten sofort ins nächste Auto einsteigen, die Musik laut aufdrehen und lauthals mitsingen.
Durch den auffallenden Vokuhila und die Joggerjacke im 80er-Style, inspirierte Valentino Vivace das Publikum mit seinem Album «Meteoriti». Der Titelsong des Albums nahm mich mit auf eine melodische Reise, fernab von diesem Planeten. Das Bühnenbild, aus silberigen Discokugeln bestehend, ergänzte den Vibe um seine Figur bestens.
Wechselbad der Gefühle
Weiter ging es im Moods, einem vorwiegend durch Jazzmusik-beschalltem Konzertlokal, wo Rapper Z The Freshman und das Kollektiv Hotel Samar, bestehend aus zwei Produzenten und Sängerin Anina Shona, den Raum mit viel Tiefsinnigkeit füllten. Spätestens beim zweiten Song, als «Anina’s Interlude» gespielt wurde, überzeugte Anina das Publikum mit ihrer kraftvollen Stimme.
Es folgten Songs mit viel Berndeutschem Soul, welche melancholische Gedankengänge ermöglichten. Als Highlight wurde «Anina’s Interlude» erneut performt und als Live-Version aufgenommen. Um die Aufnahme zu ermöglichen, wurde die Crowd um Stille gebeten, sodass nur noch die leisen Bestellungen an der Bar zu hören waren. Die fesselnden Vocals, die Anina nun präsentierte kamen dadurch noch besser zur Geltung.
Der anschliessende Switch zu tanzbaren und energetischeren Songs wie «Downtown» gelang nicht jeder Person im Publikum gleich gut, wie dem Kollektiv auf der Bühne. Musste es auch nicht. Die Gedanken waren noch bei den tiefgründigen Wortfetzen der letzten Songs von Rapper Z The Freshman und dem Kollektiv Hotel Samar.
Unerschöpfliches Musiktalent mit mässigem Technikerfolg
In der rustikalen Schiffbauhalle, vergangener Tage, erwartete uns das nächste Highlight des Abends. Schmyt, welcher seit drei Jahren als Solokünstler Musik macht, hat durch sein Talent und Kollaborationen mit RIN, Cro und Haftbefehl innert kürzester Zeit für Furore gesorgt. Der Titelname seiner Debütsingle «Niemand» entspricht definitiv nicht mehr seinem aktuellenBekanntheitsgrad. Weitere Songs sind gespickt durch Gedanken an verlorene Liebschaften und durchzechten Nächte, welche an sein musikalisches Vorbild Frank Ocean erinnern.
Unglücklicherweise wurde das Konzert aufgrund technischer Probleme mehrfach unterbrochen. Anfangs konnten die Zwischenfälle noch durch eine sehr grosszügige Crowd überbrückt werden, doch nach dem dritten oder vierten Unterbruch war auch bei den angefressensten Fans die Stimmung etwas getrübt. Als schliesslich beim Hit «Monoton», welcher mit MAJAN und Megaloh aufgenommen wurde, nach nur zehn Sekunden der Ton ausfiel, verabschiedete er sich vom Publikum. Mangelnde Ausdauer kann man ihm jedoch definitiv nicht vorwerfen.
Träumerischer Indie-Sound im imaginären Raum
Es ging zurück ins Moods, in welchem, nach Mitternacht, das Trio aus Stuttgart – Zimmer90 – die Bühne einnahm. Die einen oder anderen kennen mit Sicherheit schon ihr Studio, welches in sozialen Netzwerken wie Pinterest ziemlich viral gegangen ist. Der Bandname «Zimmer90» beschreibt nicht wirklich das obengenannte Studio, es beschreibt eher einen imaginären Raum, welcher entsteht, wenn die Drei zusammen Musik machen.
Als die Electro-Indie-Pop-Band zu spielen begann, führte dies in kürzester Zeit zu einer träumerischen Atmosphäre, welche zum Tanzen einlud. Die gute Laune der Musiker war ansteckend und Songs wie «Drowning» oder «In Your Arms» wurden zahlreich mitgesungen. Vermutlich gehören Songs wie diese, spätestens ab kommendem Sommer in jede Indie-Playlist, welche beim abendlichen Zusammensein auf den Wiesen um das Richard-Wagner-Museum abgespielt werden. Als dann zum Abschluss, kurz vor zwei Uhr (beziehungsweise drei Uhr – Grüsse an die Zeitumstellung) der bekannteste Song «Movin’» gespielt wurde, gelang dem Trio ein fantastischer Abschluss.
Titelbild: m4music Media