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Ist das Pop oder ist da mehr? – Wayne Thiebaud in der Fondation Beyeler3 min read

5. Mai 2023 3 min read

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Ist das Pop oder ist da mehr? – Wayne Thiebaud in der Fondation Beyeler3 min read

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Zu süss, zu pop, zu dick aufgetragen, in den Schatten tiefblau. Dahinter stets eine Schicht Melancholie, etwas Ironie, so dezent, dass sie auch eine Illusion sein könnte. Die Ausstellung zu Wayne Thiebaud in der Fondation Beyeler sieht aus, wie sich meine Lana del Rey Playlist anhört. In deftigen Rosa-, Braun- und Pastelltönen erzählt sie von den Sehnsüchten, Verlockungen, den Banalitäten und dem Überfluss, des inzwischen verblassenden «American Way of life». 

 Text von Fiona Odermatt

Weisse Farbe, getürmt wie Buttercreme, die Farben deftig. Üppige Choreografien aus Kuchen, Törtchen, Spielzeugautomaten.   Pinselstriche wie Kuchenschichten, Farbe wie tropfendes Eis, darauf weiss überzuckerte Kleckse.  Von Thiebauds üppigen Choreografien aus Kuchen, Törtchen und Eis könnte sich jede:r Foodblogger:in etwas abschneiden. 

Ein paar ältere Damen stossen wiederholt beinahe mit den Nasen voran auf die gemalten Vitrinen. Die Aufsicht hatte sie bereits zweimal scharf zurechtgewiesen, so stark ist der Sog der Törtchen. Der Impuls, den Finger in die gemalte Confiserie zu stecken zu stecken, ist immens. Auch mir läuft sofort das Wasser im Mund zusammen. Trotzdem habe ich Mühe, mit den Bildern warm zu werden, die Kuchen Illusionen werden mir bald zu viel, beinahe als hätte ich mich überessen. Die Blicke der Figuren scheinen ausdruckslos. Sie essen Hotdogs, Eis oder schauen mit gläsernem Blick in die Leere.

Wayne Thiebaud, Pie Rows, 1961, Öl auf Leinwand, 55,9 x 71,1 cm, Sammlung der Wayne Thiebaud Foundation, © Wayne Thiebaud Foundation/2022, ProLitteris, Zurich , Foto: Matthew Kroening

 

Einflüsse  

Die geometrischen Anordnung der Kuchen und Törtchen, die stilisierten üppigen Zuckerdeckel lassen an abstrakte Gemälde Picassos denken. Die Körperhaltung der Figuren erinnern an klassische Darstellungen. Wayne Thiebaud (1920-2021) arbeitete als Grafikdesigner und zeichnete kurze Zeit für Disney. Später arbeitete er als Lehrer für Kunst am Sacramento City College. Auch malerisch setzte er sich mit seinem Handwerk auseinander. Er verstand sich eher als Maler, als als Künstler. Im Beyeler zu sehen sind Gemälde spiegelnder Farbtöpfe und verstreuter Kreiden. Auch winzige schwarz-weiss Skizzen seiner Bilder werden ausgestellt. 

 

Alltägliche Szenen  

Gemalten Spielautomaten, ein kleiner Mickey Maus der aus seinem Rahmen spaziert, Frauenfiguren in Bikinis, in der Badewanne, in der Uni. Reihenweise glasierter Kuchen. Beeindruckend ist es schon. Wie mir plötzlich der Magen knurrt, wie die Confiserie spiegelt und sich an den Kanten der Figuren, insbesondere derer einer Studentin im Bild «Student», das Licht zum Spektrum aufbricht wie in Swarovski Kristallen. Weniger lebendig, dafür umso grafischer scheinen die aus diversen geometrischen Formen zusammengesetzten Spielautomaten.

Wayne Thiebaud, Student, 1968, Öl auf Leinwand, 152,7 x 122,2 cm, Doris and Donald Fisher Collection im San Francisco Museum of Modern Art, © Wayne Thiebaud Foundation/2022, ProLitteris, Zurich, Foto: Katherine Du Tiel

Als es mir jedoch nach den zwei ersten Ausstellungsräumen gerade gelingt, in den Darstellungen des «American Way of life» zu versinken, folgt ein abrupter Wechsel zu Landschaftsbildern. Es dauert erneut, bis ich mich auf die Gemälde einlassen kann. Die Darstellungen von San Francisco mit futuristischen Zügen, auch ländlicherer Szenen mit Alleen und Wasserspeichern, sind eine Art Flickenteppiche aus verschiedenen Perspektiven. Teils mittelalterliche Karte, mal Vogel-, dann Froschperspektive. Dazu Ansichten von Klippen aus dem Yosemite Nationalpark mit im Abrutschen begriffenen Bäumen. Trotz des vielen Blau strahlen die Bilder eine spätsommerliche Asphaltwärme aus.

Wayne Thiebaud, Flood Waters, 2006/2013, Öl auf Leinwand, 121,9 x 152,4 cm, Privatsammlung, Courtesy Acquavella Galleries, © Wayne Thiebaud Foundation/2022, ProLitteris, Zurich

Ob die Blicke der Figuren nun leer oder melancholisch sind und ob Wayne Thiebaud wirklich ein Vertreter der Pop Art war, wie manche meinen, er selbst aber verneinte? Das liegt wohl in den Augen der Betrachtenden.

 

Die Ausstellung in der Fondation Beyeler dauert noch bis zum 21.5.2023, Tickets kosten Chf. 25.- regulär, 20.- reduziert und sind gratis für unter 25-jährige. Unter fondationbeyeler.ch gibt es weitere Infos. 

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