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Die Dimensionen des Comics entdecken – Fumetto Comic Festival 20235 min read

16. Mai 2023 4 min read

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Die Dimensionen des Comics entdecken – Fumetto Comic Festival 20235 min read

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Vom 18. bis 26. März fand in Luzern das Fumetto Comic Festival 2023 statt und zog abertausende Besucher:innen in die Welt des grafischen Geschichte-Erzählens. Darunter auch mich. Einen Sonntag lang bewegte ich mich also durch die Stadt, die während diesen neun Tagen umso farbiger, dynamischer und verbundener wirkte. In zwei Beiträgen berichte ich von meinen Eindrücken und Erlebnissen am Fumetto Comic Festival. Im ersten Teil ging es um meine ersten Eindrücke und Berührungen mit der Comic-Welt. Hier, im zweiten Teil, erzähle ich von meinen vier Vernissage-Besuchen am ersten Festival Sonntag.

Text / Fotos von Steffanie Bumbacher

Zwei Finninnen im Rotem Haus

Nach dem ersten Programmpunkt, der Preisverleihung der Comic-Wettbewerb Teilnehmer:innen, ist mein zweiter Stopp an diesem Tag im Roten Haus bei den Ausstellungen von Hannele Richert und Terhi Adler, beide aus Finnland. Als ich den grossen Raum betrete, bin ich überrascht über die fröhlich-farbigen Pappfiguren, die ich als erste erblicke. So etwas hätte ich an einem Comic Festival nicht erwartet. Die Atmosphäre ist wie in einer Stube gestaltet mit Sofa, Teppich und co. Ich gehe durch den Raum und werde von einer Frau auf dem Sofa zwischen zwei Pappfiguren, einer Katze und dem «Girl» sitzend angelächelt. Sie winkt mich zu ihr und zeigt auf die Tarot Karten vor ihr. Ich dürfte ihr eine Frage stellen, meinte sie. Das tat ich auch und war überrascht über die Antwort und Deutung der ausgewählten Karte. Danach bewegte ich mich weiter im Raum herum und schaute mir die Werke genauer an. Bei der Ansprache der Vernissage lernte ich mehr über diese lebensgrossen Pappfiguren kennen. Sie sind Terhi Adlers Auseinandersetzung mit Comic als ein dreidimensionales Medium.

Die zwei Vernissagen fanden nacheinander statt. Susann Wintsch, die künstlerische Leitung 2023, leitete uns durch die Werke, die angewandten Techniken und ihre persönlichen Eindrücke zu den Kunstwerken. Die Ausstellung entstand durch die Kooperation mit dem Helsinki Comic Festival, wo Susann die ausstellenden Künstlerinnen kennenlernte. Die Vernissagen verlaufen gut und die Besucher:innen sind wie ich erstaunt von den Werken der beiden Finninnen. Diese sind beide begeistert, Teil des Festivals in Luzern zu sein. Hannele meinte, dass sie sehr glücklich damit sei, wie alles zustande gekommen ist und dass diese Ausstellung ihre bis jetzt grösste sei. Auch Terhi ist zufrieden mit dem Resultat. Ihre mehr als ein Meter grossen Pappfiguren hat sie nicht von Finnland hierher transportieren können und hat diese deshalb in den drei Wochen vor Festivalbeginn mit zahlreichen Helfern nochmals nachgestellt.

Gespräch mit Susann Wintsch

Nach der Vernissage von Hannele Richert und Terhi Adler unterhalten sich Besucher:innen mit Organisator:innen und Künstler:innen. Es ist eine gelassene Stimmung und ich nehme ein Gefühl des Zusammenseins wahr, das ich gerne spüre. Die Leute sind offen und interessiert mehr über die andere Person und ihrem Weg, wie sie zum Fumetto Comic Festival gefunden habe, zu erfahren. Auch ich bin interessiert zu wissen, was Fumetto ausmacht und begebe mich beim Apéro in ein Gespräch mit Susann Wintsch. Auf meine Frage, wie ihre Erfahrung als künstlerische Leitung beim Fumetto war, erzählt sie, dass sie wegen des Leitungswechsels dieses Festival in nur sechs Monaten auf die Beine gestellt haben, wo man normalerweise ein Jahr Zeit dafür hat. Deshalb war es für sie schon eine sehr intensive Zeit, doch sie meinte, dass sie unglaublich dankbar ist. «Es hat sich eine ganz neue Welt für mich eröffnet», sagt sie und ergänzt, dass sie ja aus der bildenden Kunst komme. So sprechen wir über die Kunstrichtung des Comics und tauschen uns aus, was wir in einem halben Jahr (sie) und einem Tag (ich) über Comic gelernt haben. «Ich finde Comic wird unterschätzt», meint Susann dazu, wo ich ihr nur zustimmen kann. Diese Kunstrichtung erzählt Geschichten auf eine Art und Weise, die Emotionen vermittelt und berühren kann.

Zwei abschliessende Vernissagen

Um 15.00 Uhr steht die nächste Vernissage an: Waiting for your Call von Milva Stutz in der Kunsthalle Luzern. Ich sehe wieder viele bekannte Gesichter, die auch gleich wie ich den Programmpunkten des Tages folgen. Milva Stutz ist eine schweizerische Künstlerin und auch eine Comic-Künstlerin. Ihre Ausstellung umfasst neben Bildern auf verschiedenen Formaten auch zwei Video-Installationen. Ich bin wieder erstaunt von der Vielfalt des Comics. Milva erzählt in ihren Zeichnungen und Installationen Geschichten von menschlicher Sehnsucht und Sexualität, manchmal eher unterschwellig und manchmal sehr präsent. Auch hier gibt es wieder eine Ansprache von Susann Wintsch mit anschliessendem Apéro.
Mein letztes Event des Tages und des Festivals allgemein ist Plenty. Blank. Space., die Kooperation mit Edition Moderne in der Galleria Edizioni Periferia um 17.00 Uhr. Die Ausstellung fasst 10 verschiedene Künstler:innenperspektiven zusammen, die an den verschiedenen Wänden im Raum verteilt hängen. Die Kunstwerke in diesem Raum lassen mich noch ein weiteres Mal «sehen, was Comic kann, was es sein will und was es bei uns auslöst», wie es die Worte von Susann Wintsch gut beschreiben. Daraufhin folgt eine Live-Performance von Lika Nüssli. Wir alle schauen ihr gespannt zu, wie sie Pinsel mit violetter Farbe über das decken-hohe Papier zieht und ich versuche zu erahnen, was sie abbildet. Ich glaubte, Menschen und Gesichter zu erkennen, die sich zueinander neigen.

Eine eindrückliche Welt

Nach der letzten Vernissage in der Galleria Edizioni Periferia gehe ich schon vor den meisten dort nach Hause. Der Tag war schön und eindrücklich, aber auch intensiv. Einen Tag lang in diese neue Welt einzutauchen, vieles zu sehen, lernen und fühlen, war interessant und auch ein wenig anstrengend. Ich bin aber froh, dabei gewesen zu sein und eine neue Kunstrichtung und somit neue Leute kennengelernt zu haben. Comic habe ich wirklich unterschätzt, werde das ab jetzt aber nicht mehr tun. Ich möchte jeden dazu ermutigen, diese zwei- und manchmal auch drei-dimensionale Art Geschichten zu erzählen mit anderen Augen und vor allem auch mit dem Herzen anzuschauen.

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