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Gratis zum mitlesen: Die Perlen des Buddha von Chow Ching Lie4 min read

11. Juni 2023 3 min read

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Gratis zum mitlesen: Die Perlen des Buddha von Chow Ching Lie4 min read

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Kannst auch du nicht an einem öffentlichen Bücherschrank vorbeilaufen, ohne einen Blick hineinzuwerfen? Der kleine rote Kasten am Helvetia-Platz zieht mich an wie ein Magnet. Treibt es mich mal aus der Stadt, nach Kriens, ein Abstecher in die alten Telefonzellen im Kulturquadrat ist ein Muss. Zuhause stapeln sich bereits die ungelesenen Bücher doch dieser Versuchung kann ich nicht widerstehen. – Ich lese Bücher, welche schon gelesen wurden, die nicht frisch ab Presse sind, sondern von einer Staubschicht befreit werden müssen!

In der ersten Ausgabe von «Gratis zum mitlesen»: Die Autobiografie «Die Perlen des Buddha» von Chow Ching Lie.

 

Kulturschock und Kulturrevolution – Die Autobiografie einer Chinesin welche sich in den 60er Jahren ein neues Leben in Paris aufbaut

«Die Perlen des Buddha» ist die zweite Autobiografie von Chow Ching Lie welche 1979 in Frankreich veröffentlicht wurde. Während ihr erstes Buch «Die Sänfte der Tränen» von ihrer Kindheit in China handelt, erzählt sie in diesem Buch, wie sie voller Hoffnung für eine Pianistinnen Ausbildung nach Paris reiste. Sie ist hin und her gerissen. Zwischen ihren Verpflichtungen gegenüber der chinesischen Kultur und dem Zwang sich der europäischen Kultur anzupassen. Alles veränderte sich, nicht nur in ihrem Persönlichen leben, sondern auch in ihrer Heimat, China. Es war der Beginn der Kulturrevolution in den 1960er Jahren.

 

Die chinesische Kultur, der Buddhismus und der Gegensatz zu Paris

Immer wieder erzählt sie Geschichten, in denen sie durch kulturelle Missverständnisse in komische Situationen gelangt. Zu einem Besuch brachte sie Früchte und ein ganzes Huhn statt Blumen und um einen Verehrer abzuwimmeln, schenkte sie ihm einen Reiskochtopf, um ihn nicht zu beleidigen.

Viele ihrer Entscheidungen gründen auf alten chinesischen Geschichten oder buddhistischen Bräuchen, welche sie oft im Buch erläutert. So kann man manche ihrer Entschlüsse besser nachvollziehen, auch wenn sie aus europäischer Sichtweise als irrational aufgefasst werden könnten.

«Ich hatte durch meine übertriebene Bescheidenheit unnötige Unruhe gestiftet und begriff, dass man sich im Westen nicht selbst herabsetzen darf.»

 

Illustration: Lea Windisch

 

Sünden und die Angst vor der Rückkehr

 Die junge Mutter verstrickte sich immer mehr in der europäischen Kultur, die Scham gegenüber ihrer Heimat hinderte sie daran zurückzukehren. Nach einem Besuch ihres Schwagers, der zwar verheiratet ist, sich aber unsäglich in sie verliebt hat, verbreiten sich in ihrer Heimat Gerüchte, welche zu einem späteren Zeitpunkt teilweise sogar wahr werden sollen.

In ihrer Kultur ist es verpönt, wenn man als Witwe wieder heiratet. Chow Ching Lie möchte ihr Leben und ihr Ansehen zuerst zurückgewinnen, bevor sie ihre Rückkehr antreten wird. Jedoch wurden ihr viele Steine in den Weg gelegt und manche Probleme halste sie sich meiner Meinung nach auch selbst auf. Plan B: sich ein neues Leben in Paris aufbauen. Sie will sich als Geschäftsfrau beweisen, was jedoch von den Männern in ihrem Leben erschwert wurde. Sie liess jedoch ihr Ziel nicht aus den Augen: ihre Kinder zu sich zu holen.

«Mit aller Energie machte ich mich an die Langwierige Vorbereitung, getragen von dem Wunsch, ein Loblied auf China zu singen und meine Familie zu ehren, die meinetwegen so gelitten hatte.»

Versteckte Probleme in der Heimat

Während Chow Ching Lie ihre Herausforderungen in Paris meisterte, litt ihre Familie still und heimlich unter der Kulturrevolution in China. Dies erfuhr sie jedoch erst Jahre später, als sie endlich wieder zurückkehrt um ihre Liebsten zu besuchen.

Die Kulturrevolution wurde in den 60er Jahren von Mao Zedong, dem Vorsitzenden der Kommunistischen Partei Chinas angeführt. Die Familie in die Chow Ching Lie eingeheiratet wurde war stark kapitalistisch. Als ihr Mann starb, wurde sie die Erbin eines ganzen Viertels in China und mehrerer Fabriken. Somit galt sie für die Arbeiter:innen in den Fabriken als die «dreckige Kapitalistin». Da sie nicht auffindbar war, mussten ihre Eltern vor den Fabrikarbeiter:innen und den Rotgardisten geradestehen. Ihnen wurde alles genommen und sie lebten wieder in grosser Armut. In den Briefen an ihre Tochter versicherten sie aber stets, dass alles in Ordnung sei.

 

Es ist die Geschichte einer jungen Chinesin, die sich trotz vieler Schicksalsschläge und kultureller Umstände nicht unterkriegen lässt. Auch wenn ich in ihrer Haut vieles anders machen würde, war es sehr spannend. Sie lässt sich von ihrer Kultur leiten und flechtet die neuen Erfahrungen aus Paris in ihre Sitten ein. Möchtest du Einblick in die Erlebnisse und die geschichtlichen Hintergründe einer interessanten Persönlichkeit bekommen? Dann solltest du unbedingt im Bücherschrank deines Vertrauens nach diesem Buch Ausschau halten!

 

Text und Illustration: Lea Windisch
Foto: Lea Windisch

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