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Ein Erlebnisbericht über das diesjährige Tonfest4 min read

3. Juli 2023 3 min read

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Ein Erlebnisbericht über das diesjährige Tonfest4 min read

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Am vorletzten Wochenende fand die zweite Ausgabe des Tonfests im Gasthaus Grünenwald bei Engelberg statt. Es war ein Zusammentreffen einer musikbegeisterter und urban-ländlicher Crowd, die diversen Musikprojekten frönten.

Die Wahl am Samstag vor zwei Wochen an das Tonfest im grünen und kühlen Engelberger Gasthaus Grünenwald zu gehen, war sicher die Richtige. Angekommen auf dem an der Engelbergerstrasse hin zum Dorf Engelberg gelegenen ehemaligen Hotel, fiel zunächst das in die Jahre gekommene Gasthaus auf mit vergilbter grüner Farbe. Begonnen hat das Minifestival bereits am frühen Nachmittag mit einem Kleidertausch und den Klängen des Ukulule-Spielers Louis Bakker. In einer kleinen Runde gab er seine chilligen Töne und leicht nachdenklichen Songtexte zum Besten. Als gegen den frühen Abend sich bereits eine kleine Traube von Leuten beim Gasthaus eingefunden hat, begann das Konzert der Balkan-Band Haimos. Das feminine Quintett hat mit Handorgel, Chiftetelli, Geige, Gitarre, Keyboard und noch teils anderen Instrumenten für gute Laune gesorgt. Ihre Songtexte variierten von Ukrainisch über Serbokroatisch bis hin zu Englisch. Die Band wirkte eingespielt und hatte augenscheinlich Freude am Spielen.

Nach diesem freudigen Sound war die Zeit reif, etwas zu essen. Auf der Speisekarte standen im Holzofen gebackene Pizzen, Vegan pulled Burger und Pommes frites. Lecker Schmecker war das und auch die Getränkekarte war sorgfältig zusammengestellt worden. Nach einer kurzen Hausbesichtigung durch das verschachtelte Gasthaus mit dessen thematisch gestalteten Zimmern (zum Beispiel dem Star Wars- oder dem Papua-Neuguinea-Thema), ging es draussen auf einer herzigen Bühne weiter mit der Luzerner Band Arukta. Das Sextett sorgte für lockig-freudige Stimmung mit ihrem Reggae-, Afrobeat- und Jazz-Gemisch. Speziell stachen das Basssaxofon-, das Trompetensolo und das zweitletzte Lied heraus, bei dem die Sängerin und der Schlagzeuger zweistimmig sangen, der Trompeter und der Saxofonist zusammen harmonierten und das Publikum mit Herzblut dabei war.

Es folgte eine längere Pause, die für gute Gespräche, ein Foto im Fotohäuschen oder ein Interview genutzt werden konnte. Das frachtwerk-Interview mit Pablo Vögtli entstand in diesem Zeitfenster und kann hier gelesen werden.

Mit Binary Sunset ging es weiter, die live mit ihrer Energie und gemeinsame Abstimmung überzeugten. Durch die ideale Spielzeit war das Publikum bei dem Auftritt des männlichen Quartetts, bestehend aus zwei Gitarren, einem Schlagzeug und einem Bass am zahlreichsten. Die Indie-Surfrock-Band, die sich auf der Platte viel weniger forsch und viel gechillter anhört, spielte generell etwas schneller als auf Band und der Bassist und Frontmann Felix Mechelke sang mehrere Dezibel lauter. Dies tat dem Ganzen aber nicht ungut, denn die Crowd ging mit und sang teils lauthals die einfachen Backing Vocals mit. Wohl am speziellsten an Binary Sunset ist, dass Mechelke mit einer durch Schweizer Akzent gefärbten französischen Sprache singt. Die Texte sind wahllos gesungen und die Anekdote des Frontmanns, dass er eine wütende Möwe am Festivaltag beobachtete, wie sie eine in ihrem Songtext «Mouette sale» erwähnten, bestätigt dies. Nach dem energievollen Konzert mischten sich die Bandmitglieder unters Publikum und Mechelke sprach davon, dass sie in nächster Zeit in Frankreich spielen. Wer weiss, wie die französische Crowd auf die platte und simple Art wie Binary Sunset auf französisch singt, reagieren wird.

Mit Bugfast trat dann gegen späten Abend das Musikprojekt auf, mit dem der Bookingverantwortliche wohl das meiste wagte. Denn Bugfast ist schnell, laut und unkonventionell. Aber das Wagnis lohnte sich, das Publikum schrumpfte zwar etwas nach dem vorigen Konzert, aber die Energie steigerte sich sogar noch. Kein Wunder, die Band um Pablo Vögtli mit einem Gitarristen, einem Bassisten und einem Drummer allesamt mit Masken verhüllt, gab Vollgas. Sie spielten im Interview von Vögtli bezeichneten «Grime, Trap und Boombap gemischt mit Metal, Djent». Die Bühnenpräsenz vom Radiomoderator und Bounce Cypher Kurator war toll und holte die Crowd richtig ab. Den Hintermännern Vögtlis merkte man an, dass sie technisch versiert und professionelle Musiker sind. Die Band spielte auch bei sehr schnell gespielten Passagen stets im Takt oder dann gewollt eben nicht und stattdessen mit Brakes. Der Rapper betonte, dass sein Text nur bei dem einen Lied wirklich Bedeutung hat und der Rest sich um sinnfreien Battle-Rap handle. Dies stimmte zwar so, doch auch der Battle-Rap beherrschte Vögtli und seine Double-Time-Skills hat er mit Selbstvertrauen präsentiert. Rage against the Machine- oder Meshuggah-Vergleiche wurden angestellt, aber das Projekt ist klar einzigartig und sehr abwechslungsreich. Passagen von Djent wechselten sich mit solchen von Old-School Hip-Hop oder Grime ab. Nun, nachdem sehr lauten und energiegeladenen Konzert wurde das Musikgenre nach einer Pause nochmals um 180 Grad umgedreht und Eclipse legte mit ihren CDJs elektronische Musik auf. Das Mitglied des Luzerner Hellwach-Labels sorgte für Party-Stimmung und rundete eine sehr musikvolle und bunte zweite Ausgabe des Tonfests ab.

 

Bild: Pirmin Lenherr

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