Ein Abend auf ihrer Insel – Caroline Polachek am Montreux Jazz Festival 20232 min read
Reading Time: 2 minutesVergangenen Montagabend trat Caroline Polachek am diesjährigen Montreux Jazz Festival ihre erste Show in der Schweiz an. Sie verzauberte das Publikum mit ihrer einzigartigen und präzisen Stimme und liess uns herzlich auf ihrer Insel willkommen heissen.
Ein lauer Sommerabend. Die Menschen tummelten sich unbeschwert entlang der Seepromenade von Montreux. Musik erklingt alle paar Meter wieder von Strassenmusiker:innen. Die Luft ist durchstochen mit Essensdüften aus aller Welt. Das Jazz Festival ist in vollem Gange.
Nur halb so voll war der Konzertsaal vom Montreux Jazz Lab, der sich nach Cavetown deutlich leerte. Caroline Polachek ist sich allemal grössere Publikumsmengen gewöhnt, da sie diesen Sommer auf den grössten Festivalbühnen gespielt hat, wie zum Beispiel das Primavera Sound Festival in Spanien. Polchek schien dies jedoch nicht zu stören und baute mit ihrem makellosen Französisch sogar noch eine engere Verbindung zum Publikum her. Die Stimmung war intim, friedvoll und verzaubert. Ihr Bühnensetting bestand aus Hügeln, Nebel und eine Farbpalette eines Sonnenuntergang. Polachek begann ihr Konzert mit «Welcome to my Island». Ihre Darbietung ist fliessend und präzise zugleich, sie bewegt sich elfenhaft über die Bühne und spiegelt so ihre Musik wider. Ihre Stärke, sowohl körperlich als auch geistig, wird in vollem Umfang gezeigt, während sie sich durch die Setliste bewegt. Ihre Stimme war kraftvoll und gleichzeitig verletzlich und jede Nuance beherrschte sie perfekt. Die Präzision war sehr beeindruckend und zog das ganze Publikum in einen Bann.
Eines der Highlights war ihr Song «Bunny is a Rider», der eine geschmeidige Funk-Grundlinie mit einem Dembow-Beat verbindet und so sofort in Verzückung gerät. Die Bühne färbte sich in ein rotes Licht und am grossen Screen hinten waren sphärische Formen zusehen, die sich langsam in eine nebelartige Masse verwandelten. Generell wurde das Musikalische perfekt visuell begleitet mit abstrakten, mysteriösen und verträumten Landschaften, gepaart mit organischen Elementen. Bei «Sunset» befand sich das Publikum in einer wüstenähnlichen Szenerie. Der Himmel verläuft farbig von Gelb bis Rot hin zu Blau und wird durchzogen von chromatischen Wolken. Von unter herauf spriessen dunkle kahle Äste hoch.
Ihre Texte legen Wert auf Zerbrechlichkeit, Schönheit und Metapher. Eine Seltenheit in der heutigen modernen Poplandschaft. Eine sehr typische und wunderschöne Zeile von ihr auf ihrem letzten Album Pang beschreibt das Warten darauf, bis eine Liebe erwidert wird als «feeling like a butterfly inside a plane». Auf ihrem letzten Album Desire, I want to turn into you, welches im Februar 2023 erschienen ist, findet man Kinderchore und Flamencco Gitarren neben keltischem Folk und sonnigem Radio-Pop im Stil der frühen 2000er Jahren. Eine ungewöhnliche und einmalige Mischung.
Am Ende des Konzerts waren Berge in einer Nebellandschaft am Screen zusehen und mit dem letzten offiziellen Song brach auch der Vulkan aus. Unter rührendem Applaus kam sie für eine Zugabe zurück und verzauberte uns noch einmal mehr mit «Door».
Bild: Aidan Zamiri