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Im Gespräch mit Samantha Aquilino und Patrick Blank5 min read

9. Januar 2024 4 min read

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Im Gespräch mit Samantha Aquilino und Patrick Blank5 min read

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Was verbindet die erwachsene Diddl-Maus, ein Oldtimer Töffli und das Gefühl von Sehnsucht miteinander? Es sind die zwei Luzerner Künstler:innen – Samantha Aquilino und Patrick Blank – und ihr gemeinsames Ausstellungsprojekt «Ecke Maus-Strasse/Moosstrasse». Vom 15. Dezember 2023 bis 25. Februar 2024 ist im Aussenbereich des Kunstraumes «Redaktion» von Stephan Wittmer in Luzern das Ergebnis dieser künstlerischen Zusammenarbeit zu bestaunen.

Von Stefanie Bumbacher

Titelbild: Hans Stricker

Seit genau zehn Jahren werden die grossen Plakatwände auf dem Parkplatz an der Moosstrasse in Luzern von verschiedenen Künstler:innen bespielt. Ursprünglich von Stephan Wittmer selber künstlerisch befüllt, lädt er seither einmal jährlich Künstler:innen ein, um diese Ausstellungsreihe weiterzuführen. Dieses Jahr traf seine Wahl auf Patrick Blank, den er schon aus früheren Begegnungen kannte, der dann auf Samantha zuging und das gemeinsame Arbeiten am Projekt vorschlug. Samantha und Patrick kennen sich von der HSLU, wo sie beide studiert haben. Sie waren beide Mitarbeitende im Museum Bellpark. Seit dem ersten Aufeinandertreffen besteht ein interessierter Austausch zwischen den Beiden und auch der Wunsch einer Zusammenarbeit. Auf Patricks Anfrage antwortete Samantha natürlich «Ja.» und gemeinsam erarbeiteten sie das Konzept für die Ausstellung.

Zwei unterschiedliche Arbeitsweisen

Im Gespräch mit Patrick und Samantha erfuhr ich mehr über die unterschiedlichen Arbeitsweisen der beiden Künstler:innen. «Ich komme voll aus der Fotografie. Meistens wenn ich ein Projekt starte, fängt es mit Fotografie an.», erzählt mir Patrick. Die Fotografie ist die Auseinandersetzung mit der allernächsten Umgebung, was er auch in seinem fotografischen Beitrag an den Plakaten umsetzt. Sie zeigen Aufnahmen des Moosstrasse-Quartiers mit einem von Patricks Lieblingsgegenständen: seinem Oldtimer Töffli. Er erzählt weiter, dass er sich schon seit ungefähr drei Jahren künstlerisch mit dem Thema der Sehnsucht beschäftigt. Ein Gefühl, das dieses Töffli für ihn klar ausdrückt. «Kennst du den Film Easy Rider?», fragt er mich, um den Zusammenhang zu erläutern, «Dort sieht man auch diese Töfffahrer, die ins Nichts brummen und die Freiheit suchen. Das Töffli ist für mich eine ironische Kopie davon.»

Dazu meint Samantha: «Patrick hat schnell gewusst, dass es ums Thema Sehnsucht gehen soll. Ich wollte da mitmachen, aber ich finde Sehnsucht kitschig.» Samantha arbeitet oft mit Humor und nahm diese Gelegenheit, um sich ein bisschen über das Thema lustig zu machen, auch weil sie sich nicht wohlfühlt, gänzlich ins Gefühl der Sehnsucht zu sinken. «Mein Teil des Projekts ist abstrakter.», erklärt Samantha, «Ich hatte die Idee, mit etwas Hässlichem zu arbeiten.». So kam sie zum erwachsenen Diddl, der früher für sie «herzig» war und heute eher ein trauriges Abbild in ihren Skizzen macht. Neben der Sehnsucht verbindet auch ein anderer Gedanke die zwei Werke. Samantha drückt ihn so aus: «Orte verändern sich über die Zeit, so wie wir Menschen auch.» Fotografin: Samanta Aquilino.

Rau und emotional

Das Töffli und die Diddl-Skizzen durfte ich übrigens live begutachten. Am spannendsten sind die mit Bleistift gekritzelten Diddl-Mäuse und das Skizzenbüchlein, wo sie drin sind. Das Skizzenbüchlein ist nämlich das kleinste Büchlein, das ich je gesehen habe. Es misst ungefähr drei auf fünf Zentimeter. «Der Gedanke war es, die kleinen Skizzen dann noch grösser und schöner zu machen, aber ich entschied mich schlussendlich das nicht zu tun und sie so zu lassen.», erzählt Samantha dazu. Patrick ergänzt und meint: «Was mich daran fasziniert, ist, wie dieser Diddl von ganz klein hier zu ganz gross auf den Plakaten wird. Stell dir vor, es wird vielleicht auf eineinhalb Meter Höhe vergrössert. Auch wenn die Skizze dann so gross ist, bleibt das Raue, Schnelle und Analoge der Originale.»

Samantha erzählt mir, dass sie ein bisschen Respekt davor hatte, sich mit den Gefühlen des erwachsenen Diddls auseinanderzusetzen. Die Skizzen sind auf eine gewisse Art autobiografisch und zeigen, wie sie sich manchmal fühlt. Doch sie meint auch, dass Traurigkeit ein wichtiges Gefühl ist und dass man über Antriebslosigkeit reden sollte. «Ich bekomme es auch von meinen Freunden mit. Nachrichten wie «ich mag nüme» oder «es isch mer alles grad z’vill» sind nichts Abnormales.», teilt sie mir mit. Patrick meint dazu, dass die Arbeiten von Samantha etwas Emotionales haben und für ihn gut ins Thema Sehnsucht passen, nämlich in die Sehnsucht nach der Vergangenheit. So haben die Bilder etwas Nostalgisches und schauen auf etwas zurück, was sich in der Zwischenzeit verändert hat. Den Diddl gibt es ja auch nicht mehr. Fotografin: Samantha Aquilino.

 

Fast wie eine Geschichte

In der Ausstellung treffen drei Welten zusammen: Die des Luzerner Quartiers und die zwei persönlichen Welten von Samantha und Patrick. «Es ist interessant. Die Bilder schwanken zwischen Ernsthaftigkeit und Ironie.», sagt Patrick dazu. Auch wenn die Arbeiten der zwei Kunstschaffenden sehr unterschiedlich wirken, erkennt man doch ihre Gemeinsamkeiten, wodurch sie sich gut ergänzen. Dass die beiden Künstler:innen sich viel mit dem Medium Film beschäftigen, merkt man auch in der Ausstellung. Das Projekt hat etwas von einer Serie, denn die acht Bilder zeigen nur leicht veränderte Szenen. Das verleiht den Bildern etwas Erzählerisches und lässt den Besucher:innen die Fantasie offen, um sich eine Geschichte hinter den Bildern zusammenzudenken.

Durch mein Gespräch mit Samantha und Patrick konnte ich erkennen ich, wie sich die künstlerischen Arbeiten der beiden ergänzen und doch ihren eigenen Charakter beibehalten. Für mich macht die Verbindung zwischen Töffli, Diddl und Sehnsucht total Sinn und ich bin überzeugt, dass die Besucher:innen auch ihre ganz eigene Interpretation der Zusammengehörigkeit finden werden.

 

 

Die Ausstellung ist bis zum 25. Februar 2024 Auf dem Parkplatz vor der «Redaktion» von Stephan Wittmer an der Moosstrasse in Luzern zu sehen. Sie ist frei zugänglich.

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