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Fremd im eigenen Land? – Im Interview mit Samira El-Maawi4 min read

1. April 2021 3 min read

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Fremd im eigenen Land? – Im Interview mit Samira El-Maawi4 min read

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Wie ist es das Leben als Afro-Schweizerin und welchen Stellenwert hat Nelson Mandela im Roman von Samira El-Maawi wirklich? Unser Autor Daniel Klein sprach mit der sympathischen Thalwilerin über ihren neuen Roman.

Unsere bereits veröffentlichte Rezension zum Buch findest du übrigens hier. 

 

Daniel Klein: Liebe Samira, schön hast du Zeit für uns gefunden. Merci vielmal. Beim Lesen deines ersten Romans (Drehbücher und Gedichtbände sind bereits erschienen) kam mir ständig die Frage in den Sinn, ob es sich um eine biografische oder gar autobiografische Geschichte handelt. Verrate uns doch bitte, wie viel eigene Familiengeschichte steckt in deinem Buch?

Samira El-Maawi: Es ist keine Biografie! Die Handlung ist fiktiv. Erfahrungen und Erlebnisse sind definitiv vorhanden und auch, vor allem meine „Schwarze Geschichte“, zeigt sich darin. Ansonsten habe ich darüber hinaus auch Interviews mit anderen schwarzen Menschen geführt und deren Erfahrungswerte und Geschichten darin mit einfliessen lassen.

Daniel Klein: Was hat es mit dem wiederkehrenden Vergleich zwischen Nelson Mandela und der Geschichte des Vaters auf sich? Kennt die Zweitgeborene Nelson Mandela wirklich besser als ihn?

Samira El-Maawi: Nelson Mandela taucht wiederholt als Symbol auf und verdeutlicht dadurch, wie schlecht sie den eigentlichen Vater kennt. Er ist als gegenteilige Figur zum Vater angelegt, der ein Kämpfer ist, während dies der Vater nicht zeigt, sondern einbricht, verbittert und sich mit der Einengung der eigenen Gedanken beschäftigt.

Daniel Klein: Essen ist in deinem Werk ein wichtiges, ja schon elementares Thema. Ist Essen die Heimat für den Vater? Und welchen Stellenwert hat es in deinem Leben?

Samira El-Maawi: Das Kochen ist wirklich ein Kern in meinem Buch. Er ist darin ganz verbunden mit seiner Heimat und kann sich diese damit nachkochen. Der Geschmack und der Geruchssinn sind mit Gefühlen und Erinnerungen verbunden und diese symbolisieren eben die Heimat, die Sehnsucht und auch sein Heimweh. Für mich nicht so wichtig wie für manch andere. Aber bei mir ist es ähnlich, ich funktioniere stark über den Geruchs- und Geschmackssinn.

Daniel Klein: Was ist Heimat für dich?

Samira El-Maawi: Das ist eine gute Frage, auf die ich immer noch keine schnelle Antwort geben kann und die mich immer noch umtreibt. Heimat sollte ich in mir tragen. Heimat bin ich mir selber – das wäre das optimalste für mich. Heimat kann aber auch ein Duft, ein Mensch, ein Musikstück, ein Gefühl sein. Auf jeden Fall ist Schreiben (auch) meine Heimat!

 

                 «Schreiben ist meine Heimat!»

 

Daniel Klein: Wie würdest du den in letzter Zeit bekannter gewordenen Begriff afropäisch definieren und was bedeutet er für dich? Kannst du dich mit diesem Ausdruck identifizieren?

Samira El-Maawi: Der Begriff ist mir nicht so geläufig, aber ich kenne ihn und finde es gut, dass es ihn gibt und solche Begriffe immer aktueller werden. Dieser verbindet zwei Kontinente miteinander und das ist schön, allerdings identifiziere ich mich nicht damit. Ich denke mehr schweizerisch. (lacht dabei) Ich hab mich lange als Afroschweizerin betitelt, aber als Afroeuropäerin sehe ich mich nicht.

Daniel Klein: Du bist ja auch Drehbuchautorin und gibst Schreibkurse. Woran arbeitest du gerade und was kann uns in Zukunft erwarten?

Samira El-Maawi: Momentan bin ich noch stark mit meiner Ausbildung zur psychosozialen Beraterin beschäftigt. An der richtigen Form dafür bastle ich noch, aber der Kern ist ausgearbeitet. Aber ich habe ein Exposé abgeschlossen über eine Beziehung, die von Macht und Abhängigkeit geprägt ist und ein Dorf schlussendlich eine übergeordnete Rolle spielt. Auch da sind die zentralen Themen Privilegien und die Mechanismen der sozialen Unterdrückung.

Daniel Klein: Liebe Samira, zuletzt würde ich gerne noch wissen wollen, ob du sowohl im Deutschen als auch in Swahili ein Lieblingswort hast?

Samira El-Maawi: Mega schöne Frage. Oh je, da hab ich sehr viele und musste jetzt auch lange überlegen. Rauchpaprika finde ich ein sehr tolles Wort. Ich spreche selber kein Swahili. Bei der Übersetzung habe ich mich aber in mwanangu (Mein Kind) verliebt. Ein sehr schönes Wort.

Daniel Klein: Vielen Dank für das angenehme Interview und ganz viel Erfolg mit deinem Buch und deinen weiteren Vorhaben.

 

Mehr zu den Themen Heimat und woher das Wort Afropäisch stammt, findet ihr in den bald erscheinenden Rezensionen zu AFROPÄISCH von Johny Pitts und Andreas Altmann´s GEBRAUCHSANWEISUNG für HEIMAT.

Foto: Franziska Reichel

Autor: Daniel klein

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Foto: Franziska Reichel

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